3.
VERNUNFT UND WISSEN
Mit der Aufklärung wehte ein neuer Wind über das
Land.
Immanuel Kant wurde 1784 gefragt: "Was ist Aufklärung?"
- Hier seine bekannte Antwort:
"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen
aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit
ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines
anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit,
wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern
der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung
eines anderen zu bedienen. Sapere aude [wage es verständig zu
sein]! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also
der Wahlspruch der Aufklärung." 1)
In Frankreich markierte 1789 die Revolution den Übergang
von der feudalen zur kapitalistischen Gesellschaft.
Sie brachte dem Volk jedoch nicht die erhoffte Freiheit und die
"Allgemeine Erklärung der Menschenrechte"
endete in einem Terrorregime, das nach wenigen Jahren durch die
Alleinherrschaft Napoléons abgelöst wurde.
Nach den militärischen Erfolgen Napoléons und der Liquidierung
des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation"
kam es in Deutschland im Zuge der Säkularisation zu
einer weiteren "Befreiung" von Tradition und "Bevormundung"
durch die Kirche. Deren Besitztümer - "das angemaßte
Eigentum" - wurden in weltliche Hände überführt.
Die dadurch erzielten Einnahmen des Staates standen jedoch in keinem
Verhältnis zu den verlorenen, unschätzbaren Werten europäischen
Kulturgutes. [62]
Unter diesen geistigen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen
Strömungen begann die Zeit gewaltiger naturwissenschaftlicher
Entdeckungen: Losgelöst vom Glauben an "übernatürliche
höhere Mächte" konnte man in Physik, Chemie und Technik
auf beweisbare "Naturgesetze" zurückgreifen.
Zentrum des neuen Verständnisses wurden die alten griechischen
Denker und Forscher.
Die Erfolge der Naturwissenschaften motivierten auch die anderen
Fachrichtungen, es ebenfalls mit dem in den naturwissenschaftlichen
Zweigen gefundenen Weg der Vernunft und des materialistischen
Denkens zu versuchen.
In Soziologie, Philosophie und Ökonomie war es Karl Marx, der mit
seinen Überlegungen Grundgesetze erkannte, Charles Darwin nahm
sich der Biologie an.
Im Gegensatz zu der bei den Naturwissenschaften üblichen Beweisführung
blieb es hier jedoch zunächst bei Theorien. Es war späteren
Generationen vorbehalten, eine Beweisführung zu versuchen.
2) 3)
Überschneidend mit den genannten Zeitabschnitten erfolgte die
Industrielle Revolution. Sie war eine Zeit der explosionsartigen
Steigerung menschlicher Produktivität und des Fortschritts.
Ein weiterer Faktor, um auf die eigene Leistung, statt auf Gott
zu blicken. [38]
Mit der Entdeckung des Dynamo-Prinzips durch Siemens konnte Elektrizität
als neue Energieform grosstechnisch "erzeugt" werden.
Lenin formulierte zu seiner Zeit: "Sowjetmacht
und Elektrizität = Kommunismus".
Die "Kirche" stand allen Situationen zunächst hilflos
gegenüber, Religion wurde "Opium fürs Volk".
Das über Jahrhunderte gültige Weltbild vom "Schöpfer-Gott"
stand offensichtlich im Gegensatz zu den neuen Erkenntnissen.
Erst viel später erstrebte auch die Theologie, mit den anderen
Wissenschaften gleichzuziehen und die Bibel zu "entmythologisieren".
Durch wissenschaftliche Methoden und Einbeziehung anderer Wissenschaften,
entstand ein neues Verständnis der Bibel. [47][50]
Im Gegenzug dazu wuchsen in "Erweckungsbewegungen" neue
Gemeinden und Glaubensgemeinschaften mit "traditionellem"
Bibelverständnis.
Im politischen Bereich versprach Wilhelm II.:
"Ich führe euch herrlichen Zeiten entgegen".
Mit Vernunft war aber letztlich das Desaster des - im Grunde ohne
jeden Sinn geführten - I. Weltkrieges nicht zu verhindern.
4)
E.Grey 6) sagte
prophetisch: "Überall in Europa
gehen die Lichter aus. Wir werden sie nicht wieder angehen sehen."
In der neuen Sowjetunion versuchte man mit Vernunft die totale Abwendung
vom "Glauben" und die Hingabe an die Ideen von Marx zu
begründen.
In Deutschland schrie das Volk, mit germanischer Mythologie im Hintergrund,
einem neuen Gott "Heil" zu und in der "Endlösung
der Judenfrage" wollte man endgültig vom Gott der Juden,
vom Gott der Bibel, loskommen.
Eine neue Katastrophe nahm ihren Lauf.
Die "Kirche" konnte sich, bis auf wenige Ausnahmen, auch
diesmal nicht diesen verhängnisvollen Entwicklungen entziehen.
Die durch den Krieg bedingten Forschungen brachten einen neuen Schub
wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Nach dem Krieg waren die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung
von der "Beweisführung" für die Überlegenheit
des jeweiligen politischen Systems bestimmt.
So folgt der faszinierende Wissenszuwachs inzwischen fast einer
e-Funktion.
Das "Wissen von Gott" wurde dagegen weitgehend zur Marginalie.
"Kirche" - wollte man sie nicht gleich ganz einsparen
5) - verflachte zum
Dienstleistungsunternehmen für soziale Bereiche oder zum Forum
für diverse "Aktivisten", die auf diesem Weg versuchen,
ihre Meinung "über Gott und die Welt" zu verbreiten.
1) Von Immanuel Kant stammt
auch das Wort:
"Alle Bücher, die ich gelesen habe,
haben mir den Trost nicht gegeben, den mir dies Wort der Bibel gab:
»Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.«"
[11]
2) Marx: "Das Kommunistische Manifest"
Erstpublikation Februar 1848, London.
Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie", 1863
Für den Beweis von Richtigkeit und Wahrheit wurden die Theorien
von Marx in den verschiedenen Ausprägungen von Marxismus, Kommunismus,
Sozialismus, Leninismus, Stalinismus, Maoismus, etc. in die Praxis
umgesetzt. [31] [42]
[43][44][64]
3) Darwin: "On the Origins of Species",
1859,
Die Rassenpolitik des Nationalsozialismus fand ihr Alibi in Darwins
Theorie von der "natürlichen Selektion" des "Besseren".
Die rassistische Grundüberlegung: Wenn in der Natur sich immer
die "Besten" durchsetzten, wie lief dieser Prozess beim
Homo Sapiens, dem Menschen ab. Der Evolutionsprozess hat "gute"
und "schlechte", primitive und zivilisierte Rassen hervorgebracht,
Kulturmenschen und Wilde.
Für Deutschland charakteristisch wurde der Wahn von der "Germanischen
oder nordischen Rasse".
[33][43][44][45]
4) "Zum
Siegen schien er geboren, Wilhelm Friedrich Viktor Albert von Hohenzollern.
1888, als er 29 war, fiel ihm eines der mächtigsten Reiche auf
Erden als Erbe in den Schoß. Die deutsche Industrie war die
zweitgrößte nächst der amerikanischen; der englischen
eilte sie mit Riesenschritten davon. Die deutsche Kriegsflotte war
die zweitgrößte nächst der britischen, die deutsche
Armee die zweitgrößte nächst der russischen, aber
an Kampfkraft ihr weit überlegen. Die deutschen Naturwissenschaften
standen gar an der Spitze der Welt: Von den 49 Nobelpreisen für
Physik, Chemie und Medizin, die zwischen 1901 und 1914 verliehen wurden,
gingen 14 nach Deutschland nur zwei in die USA."
[53][60]
5) Aktion "SPART EUCH DIE
KIRCHE" - http://www.kirchen-einsparen.de/index.php
6) Sir Edward Grey,
brit. Außenminister beim Beginn des 1. Weltkriegs
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