LUDWIGKANAL - LUDWIG-DONAU-MAIN-KANAL
Nach der napoleonischen Ära hatten im neuen Königreich
Bayern die Konsolitierungsarbeiten absolute Priorität. So wurde
unter König Maximilian I. der Kanalgedanke nur sehr zögerlich
aufgegriffen.
Um 1820 beauftragte er jedoch Georg von Reichenbach, als Salinenrat
ein ausgezeichneter Wasserbaufachmann, der sich bereits mit dem
Bau der Salinenleitung zwischen Reichenhall und Berchtesgaden einen
Namen gemacht hatte und inzwischen Vorstand der Obersten Baubehörde
war, ein Gutachten für die Flussverbindung Donau - Main zu
erstellen.
Reichenbach war jedoch gedanklich gefangen im tausendjährigen
Mythos der Fossa Carolina und konzentrierte sich als mögliche
Trassierung ausschliesslich auf diese Verbindung. Ein wesentliches
Problem kannte er aus eigener Erfahrung: Erst unter napoleonischen
Einfluss war in Bayern begonnen worden, das Land in Form von Steuer-Katasterblättern
im Maßstab 1 : 5000 zu vermessen. Das für eine Kanalplanung
unentbehrliche Höhennetz war erst im Aufbau und nur bruckstückhaft
vorhanden.
Bevor Reichenbach seine Planungen zu Ende bringen konnte, erkrankte
er und kehrte nicht mehr ins Amt zurück. 1825 verstarb König
Maximilian I. und Ludwig I. bestieg den bayerischen Thron.
Einer der ersten Befehle des neuen Königs an die Oberste Baubehörde
betraf die Ausarbeitung eines konkreten Bauplanes "für
einen Kanal zur Verbindung der Donau mit dem Main und Rhein".
Da absehbar Reichenbach nicht mehr seinen Dienst als Vorstand antreten
konnte, wurde ein neuer Vorstand eingesetzt.
1826 starb Georg von Reichenbach.
1818 war Heinrich von Pechmann war als Oberbaurat an das "Centrale
Brücken-, Wasser- und Straßenbau Bureau" in München
berufen worden.
Verschiedene Wasserbauprojekte brachten ihn indirekt mit den Kanalbau-Ideen
der Donau-Main-Verbindung in Kontakt.
Umfangreiche Dienstreisen ermöglichten ihn, sich ausgiebig
über die örtlichen Gegebenheiten - sowohl über Reichenbachs
Planung als auch über alternative Trassierungen - zu informieren.
Zugute kam ihm hier offensichtlich seine militärische Vergangenheit,
mit der gelernt hatte, Geländestrukturen zu beaurteilen, sowie
sein sich fast autodikdaktisch angeeignetes technisches Verständnis.
Pechmann schreibt später darüber:
"Ich konnte nun ungehinderter mich mit den von mir zu machenden Vorschlag
der Führung des Kanales über Neumarkt befassen und begann
erneut, diese Gegenden genauer auf ihre Eignung dafür zu untersuchen,
was bei einer dorthin, aber für andere Zwecke, durchgeführten
Dienstreise geschehen konnte.
Unterdessen hatte der neuberufene Vorstand der Obersten Baubehörde
seine Anweisungen für die Ausarbeitung des Bauentwurfes erteilt,
die ich für völlig unbrauchbar hielt und folglich unbeachtet
lies. Dabei konnte ich kaum in Verlegenheit kommen, weil der Verfasser
dieser Anweisungen bald darauf Urlaub für eine ziemlich lange
dauernde Badereise erhielt. Jetzt erst konnte ich mich ganz ungehindert
den Untersuchungen der Gegenden widmen, durch welche der Kanal nach
meiner Meinung geführt werden sollte.
Ich war von jeher überzeugt gewesen, daß, wenn man einen
Plan für ein ähnliches, umfangreiches Projekt, sei es
ein Kanal, sei es eine Landstraße oder eine Eisenbahn, entwerfen
soll, man, ehe man zur Anwendung der Niveliermaschine oder des Meßtisches
schreitet, sich vorher eine genaue Ortskenntnis verschaffen soll
und danach einen vorläufigen Plan entwerfen soll. Durch Anwendung
der notwendigen hydrotechnischen und geometrischen Hilfsmittel soll
dieser vorläufige Planentwurf durch die allenfallsigen Berichtigungen
und Erkenntnisse seine Vollständigkeit und Vollendung erhalten.
Nur dadurch kann man manche überflüssige und teuere Arbeit
in Richtungen vermeiden, welche sich später als entbehrlich
herausstellen.
Allerdings ist dem, welcher dieses Verfahren mit Erfolg anwenden
will, die Gabe nötig, eine Landschaft in Beziehung zu dem beabsichtigten
Zweck ohne Anwendung künstlicher Mittel richtig zu beurteilen.
Ich hatte zugleich mit dem Entwurf für den Ludwigskanal den
Plan für einen früher von mir vorgeschlagenen Kanal vom
Fuße der Alpen in den Ammersee, aus diesem nach München
und von dort bis in die Donau zu entwerfen. An diesen, nach meiner
Weise vorläufig gemachten Entwürfen fand ich nach den
abgeschlossenen hydrotechnischen und geometrischen Arbeiten nur
wenig zu ändern, wie ich insbesondere in Beziehung auf den
Ludwigskanal ausführlich zeigen werden.
Ich legte nunmehr der Allerhöchsten Stelle (= der König)
meine Ansichten über den zu entwerfenden Kanalplan als das
Ergebnis meiner, obwohl noch unvollständig gemachten Untersuchungen
vor, denn ich konnte sie bis jetzt nur unter ziemlich beschränkten
Umständen machen und erhielt nun endlich den Auftrag, die erforderlichen
genaueren Untersuchungen und wissenschaftlichen Vorarbeiten, die
dem zu entwerfenden Plan zur Grundlage dienen sollten, vorzunehmen,
oder vielmehr zu leiten. Ehe ich zur Darstellung dieser Arbeiten
und ihrer Ergebnisse übergehe, will ich meinen von denselben
gemachten Entwurf, welcher dadurch, nach nur wenigen als notwendig
erkannten Änderungen, seine Bestätigung erhielt, meinen
Lesern mitteilen. Da ich hier keinen Plan dieses Kanales darstellen
kann, so muß ich sie entweder auf eine genaue Karte von Bayern,
die Katasterblätter oder auf den Kanalatlas verweisen, welcher
später von der kgl Regierung versendet worden ist. Doch wird
dieser nur wenigen Lesern zu Gesicht gekommen sein."
Die aufgeführten Dokumente schildern - jeweils in ihrer zeitlichen Sicht - sehr eindrücklich den Bau des Kanals. Angefangen von den vorausgegangenen Diskussionen, den unterschiedlichen Ansichten, den politischen Einflussgrössen, der Finanzierung, des Neides und der Missgunst, bis hin zum eigentlichen Bau, welcher eigentlich im Vergleich die kleinste Sache darstellte. Manche Passagen erinnern an heutige Abwicklungen grosser Bauvorhaben und viele Sätze könnte man in heutige Berichterstattung 1:1 kopieren.
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