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WENDELSTEIN
- SCHLEUSENGESCHICHTEN
Josef Bauer, 98 Jahre alt, erzählt vom
Kanal:
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Der Hafenbetrieb fand bis 1945 statt.
Aus Beilngries oder Neumarkt wurde Erlenholz (Irlholz) angeliefert,
weil die Wendelsteiner Drechsler dort ein Waldstück zur Nutzung
gepachtet hatten. Der Transport des Holzes erfolgte in ganzen Stämmen
oder in 4 cm Dielen.
Holzabnehmer waren die Wendelsteiner Drechslereien (Metz, Polster,
Gempel, Galsterer, Felsner, Schwab, Reck). Das Holz wurde vor dem
Hafen in Höhe des Bahnhofsgebäudes entladen, bzw. die
Drechslerei Reck hatte eine eigene Entladestelle hinter der Werkshalle
(nach der Kanalbrücke). Für das Entladen außerhalb
des Hafens mussten die Drechsler eine Gebühr an das zuständige
Kanalamt (in Nürnberg) entrichten.
Die Arbeit des Entladens verrichteten die Gesellen und teilweise auch
Hilfswillige.
Auf Fuhrwerken (Pferde , Ochsen , Kuhgespanne) wurde das Holz weggefahren.
Ein Fuhrwerk stellte Herr Krauß (Besitzer von zwei Kanalschiffen),
dem manchmal seine Tochter Liesl half. Auch zwei Pferdefuhrwerke
der Wendelsteiner Brauerei Lang & Maisel kamen zum Einsatz,
wenn Herr Krauß nicht konnte.
Da die mit Pferden getreidelten Schiffe oft mehrere Tage unterwegs
waren, kam es vor, dass an einem Tag kein Schiff ankam, am nächsten
Tag sogar 3 - 4.
Seit 1912 waren auch zwei Motorschiffe auf dieser Strecke im Einsatz;
sie gehörten dem Nürnberger Unternehmer Dissler.
Im Hafen wurden auch Ziegelsteine aus Worzeldorf angeliefert.
Verladen wurden in Wendelstein nur Pflastersteine und Sandsteinquader.
Pferdefuhrwerke holten Steine aus den Steinbrüchen, die im
Hafen erst endgültig zugeschlagen wurden. Die Pflastersteine
wurden durch eine Menschenkette aufs Schiff verbracht, die Quader
wurden auf zwei Holzstangen dorthin getragen.
Die Mutter von Herrn Bauer hat am Hafen "Bröckerla geklopft"
(der Sandsteinbruch wurde von Hand zu Schotter verarbeitet). Den Lohn
berechnete Steinbruchbesitzer Jegel nach seinem speziellen "Jegelmaß".
Er sprang über den Haufen der zerkleinerten Steine, und wenn
er "mit den Füßen hängen blieb", erhielt
die Arbeiterin eine Mark mehr Lohn.
Der Treidelbetrieb ging morgens bei Tagesgrauen zwischen 3 oder
4 Uhr los. Die Schiffe fuhren auf Nürnberg "nei"
und auf Neumarkt "naus". In Richtung Nürnberg wurden
die Schiffe immer links getreidelt. Den mit Sandsteinen beladenen
Schiffen worden zwei Pferde vorgespannt. Die Treidelpferde gehörten
den Schiffsbesitzern; während der Fahrtzeit wurden die Pferde
nicht ausgetauscht.
Radfahren war am Kanal verbieten, man konnte aber eine KANALKARTE
zum Preis von drei Reichsmark, was damals einem Tageslohn entsprach,
erwerben.
Jörg Ruthrof
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