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SCHLEUSE 63 - SCHLEUSENGESCHICHTEN
Maria Hutzler, Tochter des Kanalmeisters Georg Falk, aus Röthenbach bei St. Wolfgang, Schleuse 63, erzählt.

Schleusengeschichten

Wollen Sie wissen, wie das Schleusen gegangen ist? Es wurde alles von Hand gemacht.

Wenn ein Schiff von unten, von Nürnberg und Bamberg her, gekommen ist, meistens war es unbeladen, konnte es sofort in die Schleuse einfahren. Die Schleuse war ja ausgelassen. Beim Einfahren wurden die Zugseile vom Gaul losgemacht und auf das Schiff geworfen. Dann wurden die unteren Tore (aus Holz) mit langen Stangen, die an den Toren befestigt waren, zugeschoben, und die Schützen (aus Eisen) am oberen Tor mit dem Schleusenschlüssel hochgekurbelt. Die Schleusenkammer füllte sich mit Wasser, das dauerte ungefähr 10 Minuten, das Schiff kam hoch. Bei Gleichstand des Wasserspiegels konnten die oberen Tore geöffnet werden, das Seil wurde an Land geworfen und der Gaul wieder angespannt. Nun konnte das Schiff losfahren.

Die Schiffe, die von oben kamen, aus Richtung Neumarkt, kündigten sich bei der Kugelhammer Brücke mit einem Hornsignal an. Die Schleuse musste gefüllt und vorbereitet werden. Sobald man das Horn hörte, wurde schnell gehandelt: Untere Tore zu, Schützen am oberen Tor total aufgedreht. Die oberen Tore ließen sich natürlich erst bei Gleichstand des Wasserspiegels öffnen. Bis das Schiff herankam, war die Schleuse fertig und offen. Die Schiffe von oben kamen ja ganz langsam daher, weil sie schwer beladen waren, meistens mit Langholz aus dem Bayer. Wald. Die Schiffswand ragte nur 30 - 40 cm aus dem Wasser. Das Schiff fuhr in die Schleuse ein, Zugseile los, obere Tore zu, Schützen am unteren Tor hoch. Das Schiff senkte sich. Bei Wassergleichstand mit dem tieferen Kanalabschnitt wurden die unteren Tore geöffnet und mit einem Schwall Wasser aus den oberen Schützen setzte sich das Schiff in Bewegung. Nach der Brücke bekam der Schiffsreiter sein Zugseil zugeworfen und der Gaul musste wieder seine Arbeit verrichten. Das Anfahren war Schwerstarbeit für das Tier.

Die Besatzung eines Schiffes bestand aus zwei Leuten an Deck, einem, der hinten steuerte das Schiff wurde von hinten gesteuert und einem, der das Seil für den Gaul bediente und aus einem Reiter oder Treiber, der am Ufer mit dem Tier lief. Die Reiter waren meistens barfuss unterwegs und sie blieben immer bei ihrem Pferd, tränkten und fütterten es und schliefen auch bei ihm; wenn sie in Röthenbach waren, übernachteten sie beim Brunner. Die zwei anderen Männer blieben in ihrer kleinen Kajüte auf dem Schiff.

Mein Vater musste die Schiffe zur nächsten unbesetzten Schleuse begleiten. Er tat dies mit dem Fahrrad. Kam nun während seiner Abwesenheit ein weiteres Schiff, so mussten die Frau oder die Kinder einspringen. Ich habe schon mit 12 Jahren das Schleusen gekonnt. Das war keine "Staatsaktion", wir mussten das Schleusen nicht extra erlernen, sondern haben es vom Zusehen gekonnt. Nur das Aufziehen der Tore war etwas anstrengend.

An manchen Tagen kamen 7 bis 8 Schiffe, dann wieder bloß eines oder gar keines.

Von 1918 bis 1926 war mein Vater Kanalaufseher in Lindelburg, auf Schleuse 46. 1926 kam er nach Röthenbach. Die Kanalaufseher waren Beamte, verdienten aber nicht sehr viel. Jeder führte eine kleine Landwirtschaft nebenbei. Wir hatten 3 Ziegen, 2 Schweine, Hühner und bauten Kartoffeln an. Die Kanalaufseher und arbeiter hatten alle einen praktischen Beruf erlernt: Schreiner, Zimmermann, Maurer oder Schmied, denn im Winter mussten die Holztore instand gesetzt, die Schützen repariert und Ausbesserungen am Gemäuer vorgenommen werden.

Die Kanalaufseher mussten jedes Jahr die Wasserstreu (Schilf und andere Pflanzen) herausmähen von Hand. Das wurde dann getrocknet und die Bauern holten es als Einstreu für ihre Ställe. 1947 war ein so trockener Sommer, da gab es nirgendwo mehr Futter für die Tiere, nur noch im Schlammbett des Kanals wuchs ein bisschen was, und darum stritten sich die Viehhalter.

Auch mussten die Kanalwege immer begehbar gehalten werden, das bedeutete, dass mein Vater im Winter mit dem Bahnschlitten eine Spur auf seiner Strecke ziehen musste, in Röthenbach war das von der Wendelsteiner- bis zur Kugelhammerbrücke.

Die Kanalaufseher hatten auch jede Woche einen schriftlichen Rapport abzugeben, jedes durchgehende Schiff musste mit Name, Tag, Uhrzeit, Richtung und Beforderungsgut aufgeschrieben werden.

In den 50er Jahren bekam mein Vater die Kanalmeisterstelle in Neumarkt. Er wollte aber in Röthenbach wohnen bleiben, so musste er vier Mal in der Woche nach Neumarkt fahren. Er fuhr mit seinem Fahrrad nach Feucht und stieg dort (mit dem Fahrrad) in den Zug nach Neumarkt. Nach den Dienststunden fuhr er dann abends mit dem Fahrrad die Strecke nach Röthenbach am Kanal entlang zurück, am Kanal entlang zurück, und sah dabei nach dem Rechten. Auf seinen Zugfahrten war sein Reisebegleiter am Morgen der Rainer Ruthrof (heute praktischer Arzt in Wendelstein), der nach Neumarkt ins Gymnasium ging. Trotz des großen Altersunterschiedes verband die beiden eine herzliche Freundschaft, die bis zum Tode meines Vaters 1978 dauerte.

Der Kanalmeister musste am Kanal alles kontrollieren. Er hatte die Kanalarbeiter für Reparaturen einzusetzen und zu überwachen. Die Pacht für die Grundstücke, die zum Kanal gehörten, musste er einkassieren und weiterleiten. Der Kanalmeister versteigerte das Obst der Kanalbäume, früher war das sehr begehrt. In Röthenbach wuchsen neben den Äpfeln auch Weichseln, in Lindelburg gab es Süßkirschen und ganz herrliche Schattenmorellen. Alte Bäume mussten ersetzt werden, mein Vater war zur Ausbildung in Triesdorf auf der Obstbauschule.

Baden war früher im Kanal verboten und auch das Radfahren auf den Wegen, es gab aber Ausnahmegenehmigungen. Mein Vater hat das Verbot sehr ernst genommen.

Kanalmeister gab es in unserer Gegend noch in Nürnberg und in Rübleinshof höchste Schleuse Nr. 33.

Als Nebentätigkeit hat mein Vater noch Aufgaben bei der Gemeinde Röthenbach übernommen. Er führte jahrelang die Gemeindekasse.

Übrigens war mein Großvater, Johann Georg Falk, vor meinem Vater auch Kanalaufseher auf verschiedenen Schleusen, u. a. auch in Lindelburg und Röthenbach, auf Schleuse 61. Mein Vater ging schon in Röthenbach zur Schule.



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SCHLEUSE 63

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last update: 63_schleusen.htm / 09.01.2006
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